Presseschau: Antisemitische Umtriebe auf Koblenzer Friedensparty

Wir dokumentieren einen Artikel der Rheinzeitung Koblenz vom 26.06.2014

Antisemitische Sprüche auf der Friedensparty in Koblenz?
Koblenz – Bundesweit sind die „Friedenspartys“ oder „Montagsdemos“, wie sie sich in unterschiedlichen Städten nennen, durchaus umstritten, weil sie mancherorts rechte Tendenzen aufweisen.
Von unserer Redakteurin Doris Schneider

Es ist ein buntes, kleines Völkchen, das sich seit ein paar Wochen montags zur „Friedensparty“ trifft. Waren es anfangs rund 200 Menschen, so kommen jetzt noch etwa 30 zusammen. Junge, Mittelalte, Ältere. Die Veranstaltung ist vom Deutschen Eck an die Wiese am Görres-Denkmal umgezogen. Bundesweit sind die „Friedenspartys“ oder „Montagsdemos“, wie sie sich in unterschiedlichen Städten nennen, durchaus umstritten, weil sie mancherorts rechte Tendenzen aufweisen.
Für Aufsehen sorgt nun auch die kleine Veranstaltung in Koblenz durch Äußerungen von Mitorganisator Oliver Keil. Wie man im Internet in einem Video der Veranstaltung sehen kann, nennt er die antisemitische Hetzschrift „Die Protokolle der Weisen von Zion“ als eine Informationsquelle, die sich die anderen Teilnehmer „auch unbedingt mal anschauen“ sollten. Dort könne man nachlesen, wie eine Elitegruppe die Weltherrschaft übernimmt, und genau das passiere ja gerade auch tatsächlich. „Damit meine ich aber nicht die Juden als Volk“, sagt Keil dann. Er sei kein Rassist, im Gegenteil: „Meine besten Freunde sind Ausländer“, sagt er im Telefongespräch mit der Rhein-Zeitung.
Dass die Hetzschrift, die zuerst in Russland 1903 auftauchte und angeblich Dokumente aus einem Treffen von jüdischen Weltverschwörern beinhaltet, eine Fälschung ist und von den Nazis für ihre Propaganda verwendet wurde, ist für Oliver Keil nicht der entscheidende Punkt, sagt er. „Wichtig war mir, zu zeigen, wie die selbst ernannte Elite die Weltherrschaft übernimmt.“ Denn Staatsverschuldung, Gleichschaltung der Medien, bewusste Desinformation der Massen, all das passiere ja gerade. „Und da bin ich der Meinung, dass man ein solches Buch nennen muss, damit die Menschen sich selbst ein Bild machen können.“
Für Vertreter der Koblenzer Antifa sind die Äußerungen Keils ein Beleg dafür, dass es bei der Koblenzer Friedensparty auch den Versuch der strategischen Vereinnahmung gibt. „Wir sagen nicht, dass das Nazis sind“, sagt ein Sprecher. Aber neben den Menschen, die mit dem hehren Motiv kommen, sich für den Frieden einzusetzen, gebe es eben auch andere, die die Veranstaltung zunehmend nutzten, um ganz offen antisemitische Äußerungen zu verbreiten.
Bei den Koblenzer Friedenspartys kann jeder ans offene Mikrofon gehen und das Wort ergreifen. „Halt, stopp: Hier redet das Volk!“, steht auf einem Plakat. Manche lesen Texte zu politischen Analysen vor, die sie im Internet gefunden haben, andere bringen ihre Ideen zur Lage in Deutschland oder anderswo zu Gehör oder berichten von außerirdischen Lebewesen. Wieder andere machen Musik oder singen. Manchmal applaudieren die Zuhörer, die auf Decken oder Matten sitzen, manchmal hört offensichtlich gar keiner richtig zu. An einem Stand werden gegen Spenden Getränke und Kuchen verkauft.
„Bewacht“ werden die Friedenspartys, die als Demonstrationen beim Ordnungsamt angemeldet sind, von der Polizei. „Sie sind bisher absolut friedlich verlaufen“, sagt Claudia Müller von der Pressestelle. „Da gab es keine Beanstandungen.“
Seit Mitte Mai gibt es die Friedenspartys in Koblenz und schon etwas länger auch bundesweit in vielen anderen Städten. Entstanden sind sie in erster Linie als Protest gegen angeblich unzureichende Informationen der Medien vor allem über die politische Situation in der Ukraine. Von Anfang an wurden die Demos aber auch misstrauisch beobachtet, da rechte oder antisemitische Tendenzen in vielen Städten auszumachen waren.

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