Hachenburg 28.12.15

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Am 28.12.15 treffen wir uns, um mit dem Bus nach Harchenburg zu fahren und dem Mord an Nihat Yusufoğlu zu gedenken und die Erinnerung an dieses Verbrechen wach zu halten und vor zukünftigen zu warnen. Denn gerade der Westerwald ist und bleibt Nährboden für menschenfeindliche Ideologien und bietet dessen Vertreter*Innen die Möglichkeit sich zu organisieren und auch wieder zu demonstrieren.

Denn wenn wir heute gedenken, gedenken wir auch den vielen weit über einhundert Menschen, welche seither durch Neonazis in Deutschland ermordet wurden. Diese Menschen starben nicht irgendwo, fernab von uns. Sondern sie wurden mitten aus ihren Lebenszusammenhängen gerissen, hinterließen Familie, Freundinnen und Freunde, Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter.

Am 28. Dezember 1990 wurde Nihad Yusufoglu in Hachenburg (Westerwald) von einem Neonazi ermordet, wir wollen am 28. Dezember, am 25. Todestag von Nihad Yusufoglu, zusammen in Hachenburg an Nihad und die anderen Opfer von Naziterror erinnern.

In der Türkei waren die Mitglieder der Familie Yusufoğlu als Kurden verfolgt worden. Ein Onkel und ein Großvater von Nihat waren umgebracht worden. Die elf in Hachenburg lebenden Familienmitglieder hatten in Deutschland Asyl beantragt.
Bereits im Vorfeld des Mordes war die Familie Yusufoğlu über Wochen von Neonazis mit Beleidigungen und Bedrohungen attackiert worden. Diese hatten ihren Treffpunkt an einem Parkhaus gegenüber dem Haus der Yusufoğlus. Am 28. November 1990 versammelten sich insgesamt sechs Boneheads vor dem Haus und skandierten „Kanacken raus“, woraufhin Nihad und zwei seiner Brüder heraustraten und sich eine tätliche Auseinandersetzung entwickelte. Der 20-Jährige Skinhead Alexander T. ermordete Nihad Yusufoğlu mit einem Messerstich durch den Rücken ins Herz. Nach dem Mord wurde das Haus der Familie Yusufoğlu mit Steinen beworfen, die Familienmitglieder bedroht, beleidigt und die Kinder verprügelt. Die Familie verließ nach der Ermordung den Ort, was aufgrund ihres Status als Asylsuchende und der damit verbundenen Residenzpflicht nicht einfach war.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Koblenz gehörte der Mörder T. zum Umfeld der rechtsextremen „Taunusfront“, als deren „Rädelsführer“ er sich gegenüber der Polizei bezeichnet hatte. T. war dem Verfassungsschutz von überregionalen rechtsextremen Aufmärschen bekannt. Gegen ihn lief bereits ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen. Obwohl er kurz vor der Tat von gewaltbereiten Skinheads aus Saarbrücken besucht worden war, behauptete er vor Gericht, sich zu dem Zeitpunkt der Tat schon von der Skinheadszene abgewandt zu haben. In der TAZ wurde der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, sie habe versucht, die Tat zu einem unpolitischen Dumme-Jungen-Streich herunterzuspielen, obwohl der Haupttäter sogar dem Verfassungsschutz bekannt gewesen sei. Der Täter wurde wegen Totschlags zu sechs Jahren Jugendhaft verurteilt. Das Gericht blieb mit dem Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. In seiner Begründung ging der Jugendrichter nicht von einer rechtsextremen und rassistischen Motivation der Tat aus, wofür er in der Berichterstattung kritisiert worden ist.
Der Fall erregte Aufsehen in der deutschen, sowie der kurdischen und türkischen Presse und wird in einer von der Amadeu-Antonio-Stiftung zusammengestellten Liste, die Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt im Deutschland nach der Wiedervereinigung dokumentiert, geführt. Daneben ist die Schilderung des Falles Teil zweier Wanderausstellungen. Die Tat bzw. die Verurteilung des Täters werden 1990 bzw. 1992 in den Verfassungsschutzberichten des Bundesinnenministeriums erwähnt.
Wir können am 28.12.15 nicht mehr tun, als diesen Menschen zu gedenken. Den Kampf um eine Gesellschaft frei von Unterdrückung, Rassismus und Menschenfeindlichkeit weiterzuführen, ist der Auftrag den wir daraus erhalten. Wir werden die Toten nicht vergessen.

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