Aus unserem Artikel „Wichtige Informationen – Radikale Muslime sollen in Koblenzer
Strukturen tätig sein“ vom 24.12.2016 [1] , wurde von der Gruppe Hipster Antifa Stuttgart ein
Zitat stark kritisiert. Auf diese Kritik möchten wir im Folgenden näher eingehen.
Besagtes Zitat war Folgendes:
„Für alle die jetzt sagen, das haben
wir doch schon immer gewusst, bei dem was da manchmal auf syrischen Demos
mit RSK läuft: Die Organisatoren haben damit nichts zu tun, genauso
wenig wie die syrischen Geflüchteten, die auf den Veranstaltungen federführend
sind. Nur weil dort auch „Gott ist groß“ – also Allahu Akbar – gerufen
wird, sind diese Menschen nicht gleich religiöse Fanatiker. Der Ausruf unserer
syrischen Freunde ist nichts anderes als das Bekenntnis zu einem tiefen Glauben
an Gott, als Erlöser von weltlichem Leid.“
Da die Kritik sehr tief greift und ein umfangreiches Statement der Gruppe geschrieben
wurde, möchten wir Punkt für Punkt darauf eingehen.
1. Der erste Punkt den wir aufgreifen möchten, ist, dass die Gruppe uns vorwarf, dies
sei ein sehr verkürztes Statement. Dem müssen wir zustimmen. Nach einiger Reflektion hätten wir
umfangreicher erklären müssen, welche Vorgeschichte vorliegt und dass Maßnahmen der Reflektion
mit den entsprechenden syrischen Gruppen ebenfalls stattfanden. Die entsprechende
Gruppierung, die die Demo organisierte, hatte auf einer vorangehenden Kundgebung
jegliche Rufe dieser Art untersagt. Bei der darauffolgenden Demo „Solidarität für
Aleppo“ entluden sich von einigen Personen die Emotionen, die nach dem, was in
ihrer Stadt passiert war, verständlich waren. Man erklärte uns auf Nachfrage, dass es
bitte nicht mit Islamistischem Extremismus gleichgesetzt werden soll: In Syrien ist die
Religion nun mal ein essentieller Bestandteil des Lebens – eines der wichtigsten
Glaubensbekenntnisse des Islam sei dabei der Ruf „Allahu Akbar“. Dies wolle man
nicht von einer Terrorsekte wie Daesh besetzen lassen. Auch war für uns als Antifa
Koblenz wichtig, dass rechte Ideologen durch ihre Propaganda nicht ebenfalls die
Rechte von Muslimen und Muslima beschneiden konnten. In die Reflektion mit der Gruppe sind wir
also gegangen. Des Weiteren handelt es sich bei den Organisatoren hier um junge
Männer, die seit ihrer Ankunft unzähligen Syrern das Ankommen in Koblenz
erleichtert haben, dabei mehr für die Integration getan haben, als viele
antifaschistische Gruppierungen, und sowohl mit Frauen als auch mit Männern mit
gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern zusammenarbeiten, ohne dass es da bisher
Probleme gab. Ja – diese Punkte hätten zur näheren Erläuterung bereits in den
Artikel gemusst – allerdings bleibt unser Standpunkt nach wie vor, dass wir diese
Rufe auf Demonstrationen in Zukunft nicht zwangsläufig unterbinden würden. Wir freuen uns
allerdings über den Dialog, da das Thema an sich ein sehr wichtiges ist.
Im Folgenden soll daher auf direkte Thesen des Statements der Hipster Antifa Stuttgart
eingegangen werden.
2. „Schätzungsweise waren die Syrer, welche Allahu Akbar gerufen haben, keine
Islamisten.
Nichtsdestotrotz sind sie und ihre Ideologie kritikwürdig und die Vorkommnisse
Anlass zur Distanzierung.“
Dies gilt für Religionen im Allgemeinen. Nichtsdestotrotz werden wir die freie
Religionswahl und -ausübung für jeden Menschen und jede Glaubensrichtung
verteidigen, solange diese nicht grundsätzlich die Rechte anderer Menschen
beschneiden. Wenn wir hier ultrakonservative, wenn nicht faschistisch organisierte
Strömungen wie z.B. den Wahabismus aus Saudi-Arabien, der als ideologische
Grundlage und Finanzquelle des Terrorismus im Nahen Osten gilt, als Maßstab nehmen,
tun wir vielen, die ihren Glauben friedlich praktizieren, Unrecht.
Der Wahabismus ist dabei eine Gefahr – so schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ in einem
Artikel aus dem Dezember 2016:
„Dennoch bereiten wahhabitische Lehren den Boden für Extremisten: „Sie werben für eine
sehr giftige Form des Islam, die eine scharfe Linie zwischen einer kleinen Gruppe echter
Gläubiger und allen anderen zieht, egal ob Muslime oder Nichtmuslime“, meint Williams
McCants, Wissenschaftler am Brookings-Institut. Diese Intoleranz gegenüber anderen
macht die Entfesselung der Gewalt erst möglich, mit der früher al-Qaida und derzeit vor
allem die Terrormiliz IS die Welt überzieht.
In Teilen hat sich diese Erkenntnis auch in Saudi-Arabien durchgesetzt. Nach dem 11.
September 2001 wurden Tausende Geistliche suspendiert und Zehntausende neu
geschult. Doch während die Sicherheitskräfte noch schärfer gegen vermeintliche und
echte Terroristen vorgehen, wurden die Grundzüge der wahhabitischen Lehre nicht
angetastet. Die Saudis, meint der Wissenschaftler McCants deshalb, seien beides:
„Sowohl Brandstifter, als auch Feuerwehrmänner.““
Statt sich auf die allgemeine Kritik an muslimischen Handlungen einzulassen, sollte gezielt
gegen solche Muslimische Menschen vorgegangen werden, die nicht nur Menschen in ihren
Heimatländern,
sondern auch in allen andern Ländern der Welt gefährden. Der saudische Export einer
faschistisch-fundamentalistischen Strömung ist in der Linken ein viel zu wenig thematisiertes
Problem.
3. „Es nicht zu problematisieren, wenn Allah auf politischen Aktionen und in
der Öffentlichkeit propagiert wird, ist schlichtweg fatal und wer den reaktionären
Gehalt des Islams erkennt, handelt inkonsequent, wenn er oder sie dies duldet.“
Eine solche Verallgemeinerung unzähliger islamischer Strömungen, Individuen und
Vereinigungen halten wir nicht nur für falsch und gefährlich, sondern auch für einen
Beißreflex gegen Muslime und Muslima im Allgemeinen. Bekannt ist diese Art von Beißreflex in der
Nahostdebatte beispielsweise auch mit Israel. Warum sollten wir (wie wir es tun) eine
ausdifferenzierte Kritik gegenüber Israel fordern, dies unseren muslimischen Freund*innen
aber verwehren? Des Weiteren reflektieren wir Meinungen mit der Gruppe lieber weiter und
erreichen damit eventuell einen wirklichen Fortschritt, eine reale Öffnung, als dass wir uns
diese Chance durch reaktionäre Verbots- und Tabuisierungspolitik nehmen.
4. „Nicht nur, dass die islamischen Gebiete dieser Welt unaufhörlich flüchtende Menschen
produzieren, sei es durch den Vernichtungskrieg des IS oder durch die Verfolgung von Homosexuellen,
Ehebrecherinnen, Un- oder Andersgläubigen und Abtrünnigen im islamischen Herrschaftsgebiet…
Auch bleiben die Geflüchteten der islamischen Impertinenz weiter ausgesetzt, wenn sie hierzulande
zu Hunderten in Unterkünften eingepfercht werden…“
Fluchtbewegungen verkürzt auf den Islam zurückzuführen, zeugt von einer sehr
verkürzten und unreflektierten politischen Haltung zu den Problemen im Nahen Osten. Der
syrische Bürgerkrieg ist in seiner Komplexität ein Beispiel dafür: Eine friedliche Revolution,
ein unterdrückerisches, autoritäres Regime, Stellvertreterkriege der USA, Russlands, des
Iran, des Libanons und der Saudis sowie reaktionäre und fundamentalistische
Rebellengruppen wie Al Nusra, aber auch progressive Gruppen wie die YPG im Verband der
Syrian Democratic Forces (SDF), kämpften um eigene Interessen. [3] Auch gibt es mit
Sicherheit einige Fälle in denen Muslimischen Menschen hierzulande den Schikanen
fundamentalistischer Muslime und Muslima ausgesetzt, wenn sie in den von uns zu kritisierenden
Sammelunterkünften untergebracht sind – allerdings ist auch hier eine pauschale Verurteilung von
Muslimen zuoberflächlich. Dies kann die Gruppe Refugees Solidarity Koblenz aus Ihrer Arbeit
brühwarm berichten: So sind es mitunter muslimische Vereine und Individuen, die bei der
Integration und der Akzeptanz des Grundgesetzes wichtiges leisten. So erschreckend die im
Folgenden von der Hipster Antifa Stuttgart aufgezählten Fälle sind in denen fundamentalistische
Muslime zu Gewalt und Schikane gegen andere Geflüchtete oder sogenannte „Ungläubige“
griffen, so lehnen wir den Generalverdacht gegen Muslime und Muslima ab.
5. „Hinzu kommt der gravierende Unterschied, dass Allahu Akbar sich
auf den Islam, den strafenden Gott Allah und alles, wofür der Islam sonst steht,
bezieht und nicht auf den christlichen Gott und die christliche Religion, der durch
Aufklärung und radikale Religionskritik, durch Laizismus und Religionsfreiheit
Mittlerweile fast alle Macht genommen wurde.“
Dass Allah lediglich ein strafender Gott ist, ist eine weitere Pauschalisierung des Islams und damit des
Glaubens von Muslimen und Muslima weltweit.
Der „Takbir“ ist dabei ein grundsätzlicher Pfeiler der muslimischen Glaubenswelt. Hierzu hilft neben
der Aussage unserer muslimischen Freunde auch ein einfacher Blick in
Wikipedia:
[4] „Der Ausdruck ist zu Beginn der täglichen Pflichtgebete (salāt) zu sprechen; man nennt
ihn: / takbīratu ʾl-iḥrām / ‚takbir des Weihezustandes‘. Im islamischen
Gesetz wird
dieses takbir entweder als religiöse Pflicht und als Teil des Gebetes oder als Sunna
betrachtet.] Während des Gebetes wird er fünfmal wiederholt. Entsprechend ist der Ausdruck
auch Bestandteil der freiwilligen Gebete. Der Ruf zum Gebet (adhān) beginnt ebenfalls mit
diesem Ausdruck. Der Tradition zufolge soll Mohammed bei einer Beerdigung das takbir vieroder
fünfmal gerufen haben. Es ist Prophetensunna, takbir an verschiedenen Stationen der
Pilgerfahrtszeremonien, beim Anblick der Kaʿba und am Ende einer Reise zu sprechen.
Einigen Traditionen zufolge ist es ebenfalls Prophetensunna, beim Anblick des Neumondes
(hilal) zu Beginn des Fastenmonats Ramadan „Allāhu akbar“ zu rufen.
Der Ausdruck „Allāhu akbar“ ist in der Flagge des Irak, des Iran und Afghanistans enthalten.
Durch die mediale Präsenz des islamistischen Terrorismus ist der Ausdruck „Allahu akbar“
vor allem im Westen mit diesem konnotiert. Tatsächlich aber findet der Ausdruck bei
Muslimen und auch arabischsprachigen Christen eine alltägliche Verwendung zu
verschiedenen Anlässen.“
6. Die Hipster Antifa Stuttgart schreibt weiter: „Der Ausruf Allahu Akbar, insbesondere
wenn er von jungen Männern im Mob gerufen wird, macht den Menschen hierzulande
aus nachvollziehbaren Gründen Angst. Und weil das den syrischen Flüchtlingen
in Koblenz vermutlich gar nicht bewusst war, ist es an den Veranstaltern und
jenen, die sich als Antifaschisten verstehen, das Gebrüll zu unterbinden. Wer vor
Leuten warnt, welche andere Menschen versuchen zu radikalisieren, zugleich jedoch
die Anpreisung des Islams im politischen Raum verharmlost, leugnet den
Zusammenhang von Alltags-Islam und Islamismus, nämlich die Tatsache, dass der Islamismus
im Islam enthalten ist wie das Gewitter in der Wolke (vgl. Uli Krug – Tabuisierte
Selbstverständlichkeit)“
Diese Angst ist bei den Menschen durchaus präsent, resultiert sie jedoch, wie
anfangs erwähnt, auch stark aus der Instrumentalisierung des Islams an sich durch
fundamentalistische Sekten wie Daesh und durch die Instrumentalisierung
rechtsextremer Gruppen gleichermaßen. Eine Unterbindung des Ausrufes durch
progressivere Gruppen und Individuen ist für uns damit ein Signal der Zustimmung an
genannte Agressoren.
Empowerment heißt das Stichwort, und Solidarität auf die Forderungen von, mindestens,
progressiven Individuen, die den Islam nicht aufgeben, sondern reformieren wollen.
Im Deutschlandfunk erschien dazu am 07.04.2014 ein Artikel mit Aussagen des
Erlanger Islam- und Rechtswissenschaftlers Mathias Rohe[5]:
„Wie gewaltsam ist der Islam? Diese Frage treibt spätestens seit dem 11. September
2001 viele um. Radikale Islamisten, die im Namen Allahs Krieg führen, prägen das
Bild der weltweit zweitgrößten Glaubensgemeinschaft. Darunter leide die Mehrheit
der insgesamt rund eineinhalb Milliarden Anhänger, sagt der Erlanger Islam- und
Rechtswissenschaftler Mathias Rohe:
„Man kann keinesfalls sagen, dass der Islam gewalttätiger wäre als andere
Religionen. Ich halte gar nichts davon, religiöse Schriften daraufhin zu untersuchen,
wie oft das Wort Krieg oder Frieden oder dergleichen auftaucht, sondern man muss
gucken, wie das Ganze interpretiert ist.“
7. „Die Darstellung des Islamismus als etwas dem Islam völlig Fremdes ist daher ebenso unzutreffend
wie Islamisten ihr Muslimsein abzusprechen.“
Dies ist zu keiner Zeit passiert.
8. „Dennoch wird immer wieder behauptet, diese würden den Islam, eine angeblich völlig friedliche
Religion, für ihre Ziele missbrauchen.
Die antideutsche Gruppe Belle Vie aus Hannover schreibt, der Islamismus
„ist eine dialektisch in der Moderne entstandene antimodern ausgerichtete politische
Ideologie“. Diese fußt in der politischen Dimension des Islams durch die Scharia,
die „im Koran als das Gesetz des Islams festgelegte Form der Rechtsprechung.“
Da der Islam nicht nur persönliche Religion, sondern, durch die im Koran festgelegte
Rechtsprechung, eine alle Lebensbereiche regelnde umfassende politische
Ideologie ist, stellt der Islamismus eben keine Abweichung der ursprünglichen Lehre
dar.“
Wir sehen es allein durch die uns bekannte Präsenz von progressiven muslimischen
Individuen in unseren Reihen als erwiesen an, dass eine Pauschalisierung der falsche Weg
ist und eine Religion an sich damit durch Extremisten missbraucht wird. Es gibt zahlreiche Muslime und Muslima die ihre Religion friedlich praktizieren,
ohne andere in ihren Rechten einzuschränken.
Auch dazu möchten wir Mathias Rohe zitieren:
„Radikale Islamisten, die im Namen Allahs Krieg führen, prägen das Bild der weltweit
zweitgrößten Glaubensgemeinschaft. Darunter leide die Mehrheit der insgesamt rund
eineinhalb Milliarden Anhänger, sagt der Erlanger Islam- und Rechtswissenschaftler Mathias
Rohe.
……
Auch der Islam ist nicht prinzipiell demokratiekompatibel oder demokratiefeindlich. Sogar die
schiitische Tradition des Islam kannte ursprünglich eine Trennung von Politik und Religion.
Es war sogar konstitutiv für den schiitischen Zweig des Islam, und erst Ajatollah Khomeini
hat diese Tradition beendet. Religionen sind nicht per se demokratiefreundlich oder
demokratiefeindlich. Es kommt immer auf das politische Handeln an.[6]“
9. Im nächsten Abschnitt geht es insbesondere darum, dass eine Reflektion mit den
Menschen erfolgen sollte, dass Religion eine Privatsache ist und nicht in den
öffentlichen Raum gehört. Diese Reflektion ist mehrfach durch uns und andere
Gruppen erfolgt. Allerdings ist ein Teil der kulturellen Identität der Geflüchteten
oftmals eben auch die Verwobenheit von Politik und Religion. Da wir gegen den
Zwang von Assimilation und für die progressive Integration sind, halten wir die
Reflektion erneut für wichtig, den Zwang für die falsche Reaktion und ihrerseits für
autoritär und oppressiv. Totalitäre Formen des Islam stützen wir dabei keineswegs
und sehen diese als anzugreifende Ziele an.
10. „Eine Aktivistin der Antifa Koblenz hat mittlerweile eingestanden, dass der Umgang
mit den Vorfällen zu leichtfertig war und diese kritisch diskutiert werden müssen, sowohl in der
eigenen Gruppe wie auch mit den syrischen Flüchtlingen. Ein Aktivist von Refugees Solidarity Koblenz
(RSK) hingegen gab an, für die Gruppe die Entscheidung getroffen zu haben, die Rufe zuzulassen und
ganz bewusst nicht aus der Öffentlichkeit herauszunehmen. Unsere Kritik brandmarkte er als
Islamophobie – zweifellos ein Versuch, Islam-Kritik als Form des Rassismus zu delegitimieren. Unseren
angeblichen antiislamischen Beißreflex verglich er dabei mit linkem Antisemitismus.
Dieser Vorwurf reiht sich ein in einen „sich selbst als ‚antirassistisch‘ missverstehende[n] Diskurs des
linken und liberalen Mainstreams“ (Sama Maani) der die Grundvoraussetzung rechter Diskurse teilt:
die Gleichsetzung von Individuen aus islamischen Ländern mit der dort vorherrschenden Religion. Der
iranisch-österreichische Schriftsteller und Psychoanalytiker Sama Maani erklärt hierzu:
„Wer nicht müde wird, die Angst vor dem Islam beziehungsweise die Feindschaft gegen den Islam als
‚rassistisch‘ zu bezeichnen, für den existiert ein unauflöslicher Zusammenhang zwischen der
imaginären Kategorie ‚Rasse‘ und – einem Glaubensbekenntnis. ‚Rassistisch‘ wäre ‚Islamophobie‘
dann (und nur dann), wenn wir den Islam zur unauflöslichen, ‚rassischen‘ Eigenschaft von Türken,
Arabern oder Iranern erklärten – eine ihrerseits zutiefst rassistische Position“. Diese wird Diese wird
jedoch implizit von denjenigen vertreten, die Islamkritik als rassistisch geißeln.“
Bei diesem Absatz wollen wir uns vor allem von der Bewertung der Autor*innen der Aussage
des Gründers von Refugees Solidarity Stellung nehmen: Hier werden die Begriffe
„Islamophpobie“ und „antimuslimischer Rassismus“ gleichgesetzt. Das ist jedoch
ausdifferenzierter zu sehen, da für uns folgende Definition greift:
„Der Begriff tauchte bereits in den späten 1980er Jahren in den Medien auf. Erstmals definiert wurde
er 1997 von einem britischen Forschernetzwerk der Anti-Rassismus-Stiftung Runnymede Trust. Laut
den Wissenschaftlern zeichnet Islamophobie Folgendes aus: Der Islam wird als monolithisch und
statisch, gesondert und fremd oder als aggressiv und minderwertig bezeichnet. In Deutschland
prägten von 2002 bis 2010 die Arbeiten zu „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ (GMF) den
Begriff: Islamophobie wurde definiert als „Ablehnung des Islam und auch offene Feindseligkeit
gegenüber Muslimen“.“[7]
Dazu ebenfalls interessant:
Als Islamfeindlichkeit wird die Feindseligkeit gegenüber Muslimen sowie deren kategorische
Abwertung und Benachteiligung bezeichnet. Daneben existieren die konkurrierenden Bezeichnungen
und Konzepte Islamophobie und antimuslimischer Rassismus, die unterschiedliche Schwerpunkte und
Wertungen bei der Betrachtung des Phänomens setzen….Laut dem britischen Soziologen Chris Allen
schafft Islamfeindlichkeit eine Wirklichkeit, in der es als normal gilt, Muslime als grundsätzlich
verschieden von Nichtmuslimen anzusehen und sie folglich auch ungleich zu behandeln. [8]
Wir lehnen die undifferenzierte Sicht der Hipster Antifa ab, da Sie mindestens Individuen, ebenfalls
aber auch vielen Gruppen und manchen Strömungen Unrecht tut.
11. „Dazu ist noch eine Sache zu konstatieren: Daraus, dass es verschiedene
Islamströmungen gibt und muslimische Gemeinschaften natürlich heterogen sind, abzuleiten,
dass es „den Islam“ nicht gäbe, ist eine ähnlich sinnlose Schlussfolgerung wie die, es gäbe keine Äpfel
nur weil es verschiedene Apfelsorten gibt. Natürlich gibt es friedfertige Muslime, welche ihrem großen
Vorbild Mohammed zuwider Denken und Handeln, doch macht das die Faschisten von Hamas,
Hisbollah, Al Quaida, Taliban, Boko Haram, Al-Schabab, IS und wie sie alle heißen nicht plötzlich zu
Nicht-Muslimen.“
Umgekehrt werden progressive Individuen und Gruppen nicht zu Terroristen, nur weil es
große Teile rückschrittlichen Denkens gibt. Dass der Islam an sich ein Problem hat und
Reformen bedarf, ist uns und allen progressiv denkenden Muslimen und Muslima bewusst. Das
Pauschalisieren entrechtet hier aber wieder die von uns geschützten Individuen und
Gruppen, die genau für solche Forderungen einstehen. [9]
12. „Ihr Terror im Namen Allahs ist ebenso eine reale Erscheinungsform des Islams wie die Tatsache,
dass es nur ein einziges Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung gibt, in dem Homosexualität
nicht unter Strafe steht.
Daher gilt, dass „praktizierter Islam und brutale Homophobie zusammengehören wie Blitz
und Donner.“ (Uli Krug)
Zu guter Letzt folgt hier eine islamophobe Lüge von Uli Krug zitiert, die unter lautem Widerspruch
von uns abgelehnt wird. Es gibt viele Muslimische Menschen, die sich für den fortschrittlichen
Umgang mit Homosexualität im Islam einsetzen[10], beispielsweise der „Liberal-Islamische Bund“
oder „The inner Circle.“ Auch wenn staatliche Unterdrückung im Namen der Religionen in den
meisten muslimisch geprägten Ländern die Regel ist, so fordern wir Solidarität mit den betroffenen
homosexuellen und muslimischen Menschen, statt diese pauschal mit zu verurteilen. Von staatlicher
Seite, in oftmals autoritären und/oder theokratischen Regimen, auf die Allgemeinheit der Muslime
und Muslima zuschließen, ist ein ebenfalls viel zu verkürzter Ansatz. Und wenn man die
Glaubensschriften des Islam zugrunde legt, muss man feststellen: Der Koran gibt kein ausdrückliches
Verbot von Homosexualität. [11] Dies gilt insbesondere, wenn man beachtet, wie weit verbreitet
Homophobie in allen Gesellschaften dieser Welt ist.
Erneut: Der Islam bedarf in vielen Formen einer progressiven Reformierungs-Phase. Dass
wir diese aber nur von innen heraus erreichen, und nicht autoritär aufzwingen dürfen,
gebietet uns, Individuen und Gruppen muslimischen Glaubens in ihrer Arbeit zu unterstützen
und uns mit diesen zu solidarisieren. Von dem Positionspapier der Hipster Antifa Stuttgart
nehmen wir daher weiterhin entsprechend Abstand und fordern eine ausdifferenziertere
Argumentation, statt islamophober, mindestens aber undifferenzierter, Meinungsmache. Diese spielt
in einer Zeit, in der Islamophobie „en vogue“ ist, Rechtsradikalen und fundamentalistischen
Extremisten in die Hände.
Hierzu empfehlen wir herzlich auch einen Artikel, der kürzlich in der Jungle World erschien:
„Eine Kritik am antimuslimischen Rassismus, die den Islamismus nicht bagatellisiert, scheint
notwendig zu sein. Die reflexhafte, relativierende Losung »Islam ist Frieden« erweist sich als
offenkundiger Unsinn: Die allermeisten Muslime und Muslimas sind friedliebende Menschen,
aber man muss schon sehr große Scheuklappen aufhaben, um zu leugnen, dass im Namen
von Allah tagtäglich zahlreiche Gräueltaten begangen werden.
Doch wenn vom Islam gesprochen wird, ist selten die Religion im theologischen Sinne
gemeint. Es ist von Gesellschaften und Milieus die Rede, in denen die islamische Religion
soziale und kulturelle Normen und Praktiken wesentlich beeinflusst und mitbestimmt.
Allerdings werden diese verschiedenen Sphären häufig nicht in ihrer Diversität
wahrgenommen, sondern als monolithischer Block: die »islamische Kultur«. Damit spielt man
nicht zuletzt jenen islamistischen Kreisen in die Hände, die die »Umma« gerne als
einheitliches und widerspruchsfreies Kollektiv darstellen. Zuweilen ist im Zusammenhang mit
dem kulturalistisch argumentierenden Rassismus auch die Rede vom »Rassismus ohne
Rassen«. Dieser Begriff ist nicht ganz unproblematisch, weil er suggeriert, dass es einen
»Rassismus mit Rassen« gegeben habe. Auf diese Weise läuft man Gefahr, die rassistische
Erfindung der »Rassen« zu affirmieren. Genau genommen war der Rassismus schon immer
einer »ohne Rassen«. Insofern hat die »Kultur« zwar die »Rasse« als Bedeutungsträger für
die rassistische Differenzkonstruktion teilweise abgelöst, an dem Prozess der Rassifizierung
hat sich aber wenig geändert. Theodor W. Adorno schrieb dazu: »Das vornehme Wort Kultur
tritt anstelle des verpönten Ausdrucks Rasse, bleibt aber ein bloßes Deckbild für den
brutalen Herrschaftsanspruch.« “ [12]
Quellen:
[1] https://antifakoblenz.noblogs.org/post/2016/12/24/wichtige-informationislamistischegefaehrdersollen-
in-koblenzer-strukturen-aktiv-sein/
[2] http://www.sueddeutsche.de/politik/wahabismus-das-gift-der-reinen-lehre-1.3291693
[3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-alle-wichtigen-fakten-erklaertendlichverstaendlicha-
1057039.html#sponfakt=5
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Takb%C4%ABr
[5] http://www.deutschlandfunk.de/reihe-glauben-und-gewalt-das-friedenspotenzial-imislam.
886.de.html?dram:article_id=282205
[6] http://www.deutschlandfunk.de/reihe-glauben-und-gewalt-das-friedenspotenzial-imislam.
886.de.html?dram:article_id=282205
[7] https://mediendienst-integration.de/artikel/was-unterscheidet-islamfeindlichkeit-vonislamophobie-
begriffe-antimuslimischer-rassismus.html
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Islamfeindlichkeit
Chris Allen: Islamophobia. Ashgate Publishing, London 2010. ISBN 978-0-7546-5139-0.
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Liberale_Bewegungen_im_Islam
http://www.liberale-muslime-deutschland.de/
[10] http://www.taz.de/!5032520/
http://theinnercircle.org.za/
https://lib-ev.jimdo.com/inhalte-und-ziele/positionspapiere/
http://www.deutschlandradiokultur.de/homosexualitaet-islam-ist-nicht-gleichhomophob.
1005.de.html?dram:article_id=358335
[11] http://www.bento.de/politik/wie-der-islam-wirklich-mit-homosexualitaet-umgeht-639059/
[12] http://jungle-world.com/artikel/2016/42/55021.html